Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

Hinweise

Wenn Sie meinen Weblog zum ersten Mal besuchen, bitte ich Sie, auch die Texte unter Hinweise zu lesen.

Vielen Dank für Ihren Besuch

Aktuelle Beiträge

Das Streben nach Angst
Seit Jahren gibt es eine Weisheit unter Werbestrategen:...
sarah.tegtmeier - 5. Apr, 22:47
Sinkflug
Er verlässt seinen Platz, seinen Arbeitsplatz, ohne...
sarah.tegtmeier - 7. Mai, 22:24
Liebe Sarah, manche Passagen...
Liebe Sarah, manche Passagen aus deinem Text fühlen...
Wally (Gast) - 9. Mär, 13:12
Ohne Zweifel von außen,
auch ohne Selbstzweifel wird man nicht besser, oder? Vielleicht...
HARFIM - 2. Mär, 00:10
Schreibheimat
Gestern kam die neue Ausgabe der TextArt. Auch wenn...
sarah.tegtmeier - 1. Mär, 22:25

Links

Geschichten

12
Mai
2006

das letzte Schiff

Die Wasserfälle des Rohans atmeten ihren morgendlichen Dunst über Tuhir aus. Wie ein riesiger Mückenschwarm stoben winzige Wassertropfen durch die Gassen. Maral stand am Kai, an dem sie vor einigen Wochen an Land gestiegen war, und blickte in Richtung des Marktplatzes. Das Licht brach sich in dem feinen Nebel, so dass Erker und Zinnen der Häuser mit glänzenden Regenbögen behangen waren. Sie fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sie sich an die Feuchtigkeit in der Luft gewöhnte, die in einem ununterbrochenen Strom von den Fällen her durch Tuhir zog. Sie war noch nicht soweit, vom Atem des Rohan zu sprechen wie die Bewohner Tuhirs den Nebel nannten, und wischte sich noch immer durchs Gesicht, wenn sich Tropfen auf ihrer Stirn ansammelten. Ich komme noch immer in Tuhir an, dachte sie und drehte sich zum Meer. Seit ihrer Ankunft hockte sie jeden Morgen hier, um über das Wasser in die Ferne zu blicken. Obwohl seit Wochen kein Schiff aus ihrer Heimat angelegt hatte, kam es ihr vor, als liefe mit jedem Sonnenaufgang ein unsichtbares Schiff, auf dem sich ein Teil von ihr befand, in den Hafen ein; so als folge dem Schiff, mit dem ihr Körper angekommen war, eine Flotte zurückgebliebener Schiffe, die nun nach und nach in Tuhir anlangten, um einen weiteren Teil von ihr zu liefern. Sie spürte, dass sie auch heute nicht das letzte dieser Schiffe empfangen hatte. Sie sehnte sich nach dem letzten Schiff.

9
Apr
2006

weißes Rauschen

Katrin schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf, zum ersten Mal seitdem sie vor drei Monaten hier mit ihrem Freund - oder Exfreund, das kam ganz drauf an, wie sie sich entschied - eingezogen war, fühlte sie nicht diese Beklemmung, wenn sie den Flur betrat, zum ersten Mal hatte sie das Gefühl nach Hause zu kommen. Sie hängte ihren Wintermantel an einen Haken, zog ihre Stiefel aus und versuchte das Grinsen, das sie in sich spürte zu unterdrücken, bevor sie in das gemeinsame Wohnzimmer ging. Harald lag auf dem Sofa und war eingeschlafen. Auf dem Beistelltisch standen mehrere leere Bierflaschen, vor dem Fernseher waren Kartoffelchips verstreut, über den Bildschirm flimmerte weißes Rauschen. Katrin ließ sich in einen Sessel fallen und beobachtete ihren Freund, während sie an das vorangegangene Treffen dachte.

"Engelchen!", flüsterte sie, so hatte sie Ottmar vorhin genannt, als sie sich von einander verabschiedet hatten. Es war das erste Mal, dass ein Mann sie Engelchen nannte. Nun musste sie doch grinsen.

"Engelchen!", wiederholte sie und biss sich auf die Zunge, als Harald sich auf dem Sofa räkelte. Einen Augenblick fürchtete sie, er könnte aufwachen, er schnarchte nur kurz auf und schlief weiter.

Sie nahm die Fernbedienung vom Tisch und stellte den Ton lauter, den Harald aus irgendeinem Grund heruntergestellt zu haben schien, und lauschte dem Rauschen.

6
Apr
2006

Auf der anderen Straßenseite

Auf der anderen Straßenseite stieg Sieglinde aus dem Wagen, sie strich ihren Mantel glatt und lehnte sich gegen die Fahrertür. Karl winkte seiner Tochter zu, die aber nicht reagierte, sie schaute noch nicht einmal zu ihm herüber. Die nächste Fußgängerampel lag fünfzig Meter in der entgegengesetzten Richtung. Eigentlich wäre es wegen des morgenlichen Berufsverkehrs klüger den Umweg in Kauf zu nehmen, aber Karl kannte diesen ungeduldigen Blick, das war kein gutes Zeichen. Karl suchte nach eine Lücke im Verkehr. Er setzte einen Fuß in den Rinnstein, sprang aber wieder zurück, als von links ein Tankwagen heranraste.

"Sieglinde", rief er über die Straße, "Sieglinde, wende und hol mich hier ab. Ich schaff's nicht über die Straße!"

Seine Tochter rührte sich nicht. Er spürte wieder dieses Stechen in der Brust, wie vorhin beim Frühstück, nur war es diesmal stärker. Er hatte seine Tochter angerufen, damit sie ihn ins Krankenhaus fuhr. Endlich sah eine Lücke im Verkehr, er hasste über die Straße so schnell es die Schmerzen zu ließen. Er sah nur noch seine Tochter, die sich inzwischen eine Zigarette angesteckt hatte. Neben ihm quietschen die Bremsen eines Sportwagens. Karl blieb mitten auf der Fahrban stehn, ihm wurde schwarz vor Augen, in welcher Richtung wartete Sieglinde auf ihn. Er wankte und stützte sich auf der Motorhaube ab.

"Kann ich Ihnen helfen?" Der Fahrer war ausgestiegen und stützte Karl.

"Meine Tochter, Sieglinde, die soll mich ins Krankenhaus bringen, die wartet auf mich."

"Wer ist ihre Tochter?", fragte der Mann mit ruhiger Stimme.

"Sieglinde, meine Tochter heißt Sieglinde"

"Ist es die Frau dort drüben bei dem blauen Audi?"

"Wie?" Hatte Sieglinde nicht einen schwarzen Wagen? "Ich weiß nicht"

"Stützen Sie sich auf mich, ich führ sie hin."

Als sie den Wagen erreichten, öffnete Sieglinde schweigend die Beifahrertür. Der Mann half Karl beim Einsteigen, dann verabschiedete er sich.

"Eine viertel Stunde Zeit habe ich jetzt hier wegen dir vertrödel", sagte Sieglinde, als sie los fuhr. "Dabei habe heute Vormittag so viele Termine, aber nein der Herr muss ja mal wieder zum Arzt."

Karl hörte ihr nicht zu, er schloss die Augen, langsam verschwand das Stechen in der Brust.

31
Mrz
2006

Land in Sicht

Am Bug klatschten Wellen an die Holzwand des Schiffes. Die wenigen Segel, die der Kapitän nicht hatte einziehen lassen, blähten sich auf und schnauften, wenn Böen in sie fuhren. Maral hörte, wie der Kapitän mit seinem Steuermann stritt. Sie rannte aus ihrer Kajüte, den Gang entlang, erklomm die Leiter. Als sie die Luke zum Deck offnet, stieß sie mit dem Steuermann zusammen.

"Was suchst du hier!", er schaute durch ein Fernrohr. "Verschwinde, geh zurück in deine Kajüte."

Maral blieb in der Luke stehen und schaute über die Rehling. Dichter Nebel umgab das Schiff. Schroffe Felswände beugten sich durch milchigen Schwaden und verschwanden sofort wieder. Von Ferne hörte sie die Brandung.

"Timor, sind wir da", fragte sie den Steuermann. "Ist das die Küste von Tuhir?"

"Ja, kleine Hexe, vor uns liegt Tuhir", raunte Timor. "Aber du hast jetzt nichts an Deck verloren!"

Der Steuermann wollte sie die Treppe hinunterstoßen, sie wich seinem Arm aus und stürmte über das Deck. Sie drängelt sich zwischen den Matrosen hindurch, aber kaum jemand von der Mannschaft beachtete. Von allen Seiten hörte sie Stimmen. Sie lief bis zur vordersten Bugspitze, kletterte hinauf und lehnte sich über den Rand. Das Schiff schnitt durch die Wogen. Salzwasser spritzte ihr ins Gesicht. Sie starrte in den Nebel, der immer undurchdringlicher wurde, je näher das Schiff der Küste kam. Endlich Tuhir! Wie lange hatte sie davon geträumt. Sie riss die Augen auf, um wenigstens eine Baum oder ein paar Felsen von Tuhir zu erspähen, aber der Nebel lichtete sich nicht. Sie streckte die Arme in die Höhe, tauchte ihren Blick tiefer in die Schwaden ein, sie versank darin, vergass das Schiff und beinahe auch sich selbst, dann stieß sie einen Freudenschrei aus, so gellend, dass jeder auf dem Schiff aufschaute und die Schreie der Matrose verstummten. Maral war am Ziel, auch wenn sie es noch nicht sah und nicht wusste, was sie dort erwartete oder ob sich ihre Hoffnungen erfüllten, nichts konnte sie mehr davon abhalten es zu erreichen.

28
Mrz
2006

silberner Mercedez

Viel war nicht von ihm übrig geblieben, als Klaus Böhler die Konzernzentrale verließ und zu seinem Firmenwagen, einem silbernen Mercedes, eilte. Früher war der Wagen seiner ganzer Stolz gewesen, er dokumentierte den Rang, den er auf der Karriereleiter erklommen hatte, nun warf der Lack das Spiegelbild des Vertriebsleiters seltsam verzerrt zurück: Das Gesicht war zu seiner konturlosen Fratze auseinander gezogen, die Ohren und Augen waren zu schwarzen Stecknadelknöpfen zusammen gefallen. Er trat aus dem Schatten, den die Eingangshalle warf, heraus und richtete sich auf, ging ruhig und gefasst zu seinem Parkplatz. Wer auch immer ihn aus den Büros in den oberen Etagen beobachtete, sollte nicht merken, wie aufgewühlt er war. Bestimmt steckten die junge Kerle schon die Köpfe zusammen und machten sich über ihn lustig. Er öffnete den Kofferraum, packte seine Taschen hinein und stieg in den Wagen, und erst jetzt begann er zu überlegen, was schief gelaufen. Er ging noch einmal zum Kofferraum und nahm den Ordner mit den Unterlagen für die Präsentation heraus und setzte sich damit wieder auf den Fahrersitz. Er schlug die oberste Seite auf. Während er sich anschnallte überflog die Stichpunkte. Und da fiel es ihm auf: das rote Kreuz, das den Kerngedankten seiner Argumentation markiert. Er konnte sich nicht erinnern, diesen Punkt angesprochen zu haben. Er schalte die Klimaanlage des Wagens. Hatte er wirklich diesen Punkt vergessen, falls ja, dann war es kein Wunder, dass sie ihn demontiert hatten. Er nahm den Ordner aus seinen Schoß und blätterte die Seiten durch.

26
Mrz
2006

nicht hier, nicht jetzt

Wie aus weiter Ferne fällt das Sonnenlicht durch die verstaubten Scheiben auf den Tisch. Marion legt ihre Hände auf den Lichtfleck, um ihn zu bedecken, aber er schlüpft durch ihre Finger und hockt sich auf ihre Handfläche. Sie bewegt die Hände langsam zur Scheibe und trägt das Licht hinaus. Es ist der falsche Moment, nicht heute, nicht jetzt, vielleicht vor einer Woche, damals hätte sie sich über einen Lichtfleck vor einer Tasse Milchkaffee gefreut.

"Du hörst mir ja gar nicht zu!" Robert schlägt ihre Hände zur Seite. Der Lichtfleck fällt zurück auf den Tisch, ohne einen Riss bekommen zu haben, liegt das Licht wieder vor ihr, nicht einen Sprung, nicht aus Porzellan, nicht wie die Tassen und Teller, die sie in der Küche zerschlagen hatte, als sie und Robert sich am Mittwoch stritten. Licht ist stabiler, sie hatte es vergessen, es fällt von der Sonne herab auf die Erde und zerbricht nicht, wenn es in einem überfüllten Cafe auf einem Tisch aufschlägt.

"Warum sollte ich dir zu hören?" Marion erschreckt, als sie ihre Stimme hört; sie hatte sich vorgenommen ihm schweigend zu zu hören, mittendrin wollte sie aufstehen und ihn sitzen lassen. Fängt es jetzt wieder von vorne an? Nicht hier, während am Nachbartische ein frisch verliebtes Pärchen turtelt, nicht jetzt, während die Bedienung ein volles Tabelett durch die Tische balanciert.

Marion ballt ihre Fäuste um den Lichtfleck, er flutscht zwischen ihren Finger hindurch; Licht ist frei und stur, lässt sich nicht fangen, bleibt wo, es sich nieder gelassen, schert sich nicht um den richtigen Zeitpunkt, mied ihre Wohnung. Sie wärmt die zittrigen Finger an der Tasse, nicht hier, mit einer Hand fasst sie den Henkel an, hebt das Gefäß empor, nicht jetzt, und schleudert Robert den heißen Kaffee ins Gesicht.

"Aa!", schreit er, springt auf und stösst den Tisch um. "Bist du jetzt total verrückt geworden?"

Marion steht auf und geht.

21
Mrz
2006

Frühlingsraben

Langsam wird es Frühling, dachte Norbert, als er den türkischen Schnellimbiss verließ und die Adalbertstraße hinauf schaute. Er blieb noch einen Moment vor dem Schaufenster stehen und pulte mit einem Zahnstocher Reste des Döners aus den Zahnzwischenräumen. Das Fleisch war heute versalzen gewesen. Über ihm flog ein Schwarm Krähen Richtung Innenstadt, ihr Krächzen war so laut, dass es sogar den abendlichen Berufsverkehr übertönte. Ob sie es auch spürte? Er konnte selbst nicht so genaus angeben, warum den Frühling spürte. Es war noch immer kalt. Wenn er morgends aus seiner Küche heraus auf die Straße schaute, mussten die Leute oft noch die Scheiben ihrer Autos frei kratzen, bevor sie zur Arbeit fahren konnten; dabei war gestern schon Frühlingsanfang gewesen. Gestern hatte er das nur als eine Notiz im Kalender und als Meldung in den Nachrichten wahrgenommen, gespürt hatte er den Frühling erst gerade eben und er fragte sich, woran das lag. In den Hosentaschen suchte er nach Zigaretten und Streichhölzer. Er steckte sich eine Malboro an, nahm ein tiefen Zug. Während er zu seiner Wohnung zurückkehrte, beobachtete er den Himmel. Vielleicht glaubte er, dass der Frühling nun endlich käme, weil es noch so helll war? Ein paar Wolken trieben über den dunkelblauen Himmel. Als er das Tor zum Hinterhof seines Hauses aufstieß, spürte er den Frühling so deutlich, als hätte dieser ihm gerade auf die Schulter geklopt. Über der Innenstadt kreisten die Raben, die Luft roch zitronigfrisch.

19
Mrz
2006

Wetterprophet

Er schaute aus dem Fenster, während das Unwetter dicke Tropen gegen das Fenster klatschte. Auf dem Bildschirm seines Computers las er die aktuellten Messdaten der Wettersateliten: Ein Tiefdruckgebiet nach dem andern. Seit Wochen kündigten die Muster der Isobaren immer wieder aufs Neue dieselbe Nachricht an: Regenschauer, Gewitter, Unwetter. Wann würde das eindlich ein Ende haben? Aus den Daten ergabe sich Wettervorhersage für die nächsten Tage ganz eindeutig: Von Westen her näherte sich ein Tiefausläufer in derem Verlauf in Osthälfte der Republik mit ausgiebigen Niederschlägen zu rechnen sei. Mit etwas Glück bliebe die Westhälfte davon verschont, was nichts nützte die Pegel der Flüsse war aufgrund der andauernden Niederschläge schon so hoch, dass egal wo es als nächstes regnen würde, unweigerlich zu einer Flutkatastrophe käme.

"Na, wie sieht's?", Judith steckte den Kopf durch die Tür in sein Büro herein und reichte ihm einen Becher schwarzen Tee mit einem ordeentlichen Schuss Rum.

Er schüttelte den Kopf.

"Hey, so geht das nicht weiter!" Die Praktikantin vom Sender trug ihre rooten Haaren immer zu eienm dicken Zopf geflochten, jetzt zog sie das Gummi aus ihren Haaren und zog ein paar Haarnadeln aus den Strähnen.

"Das wollen die Leute nicht hören!" Sie schüttelte sich die Haare, die wie ein glühender Holzscheit auf ihrem Rücken lagen. Er liebte diese Sekunden, bevor sie ihre Haare wieder zusammen nahm, um einen neuen Zopf zu flechten, wenn einzelne ihrer Strähne, wie Funken um ihren Kopf sprühten. Er nickte, ohne etwas antworten. Was sollte er denn machen, die Zahlen, die die Messstationen lieferten, ließen keine andere Prognose zu.

Judith stellte den Becher neben seine Tastatur, er zuckte mit den Achseln, was sollte er machen, er konnte es doch auch nicht ändern.

"Das geht nicht so weiter! Das kannst du den Leuten nicht antun, nicht schon wieder Regen." Sie breitete ihre Handflächen vor ihm aus. Für einen Moment war er versucht in ihren Linien zu lesen, aber was hätte das geändert, das hätte die Zahlen auf dem Bildschirm auch nicht verändert.

"Wir müssen den Leuten etwas anbieten, sie brauchen Hoffnung. Wer sonst als du sollte sie ihnen geben. Du bist doch hier der Wetterprophet!"

Damit verließ sie sein Büro und stieß die Tür hinter sich zu.

Er blickte wieder auf den Bildschirm. Hinter den Zahlenkolonnen und Satelitenbildler sah schwach sein Spiegelbild. Ihm fiel auf, dass er sich seit Tagen nicht rasiert hatte, die Falte zwischen den Augenbrauen schien tiefer geworden zu sein. Er sah müde aus.

"Du bist doch hier der Wetterprophet", echote Judiths Stimme in seinem Kopf nach. In einem gewissen Sinn hatte sie Recht, aufgrund von physikalischen Gesetzen leitete er aus den Daten und Bilder das Wetter für die nächsten Tagen ab, natürlich war das nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die er machte. Das behielt er aber immer für sich. Wer würde ihn verstehen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 54.8% im Osten mit heftigen Niederschlägen zu rechnen sei?

"Du bist doch hier der Wetterprophet!"

Sollte es so einfach sein. Nur mal eben das Modell, das er bisher aus Ausgangspunkt für seine Vorhersagen benutzte gegen ein anderes, weniger etabliertes austauschen, gegen ein neues, das er sich gerade ausdachte, nur um schönes Wetter vorhersagen zu können?

Er schloss den Bericht, den er vor zehn Minuten begonnen hatte, ohne ihn abzuspeichern und öffnete ein neues Dokument. Schönes Wetter also! Schaden konnte es nichts.

"Dem Tiefausläufer folgt eine Warmfront", begann er, für den Anfang nicht schlecht. "die dazu führt, das die Niederschläge ab Mittag im gesamten Bundesgebit abklingen... "

Schönes Wetter, Sonnenschein, vielleicht half das...

17
Mrz
2006

Wieder da!

"Hallo, ich bin wieder da!"
Johanna stieß die Wohnungstür auf und schob den Koffer über die Schwelle. Der alte bekannte Duft der Holzdielen empfing sie. Aber sonst keine Reaktion! Wenn sie früher von einer Reise zurückgekehrt war, war es ihr immer vorgekommen als begrüßte die Wohnung sie freudig. Während Johanna den Schal von ihrem Hals wickelte und den Wollmantel auszog, fühlte sie sich argwöhnisch beobachtet, als erkenne die Wohnung sie nicht wieder. Sie betrachte die Gegenstände, die auf der Kommode lagen, die neben der Eingangstür stand: Vaters schwarze Pfeife, ein Päckchen Taschentücher, einer von Mutters Ringen. Johanna erkannte alles wieder, die Tapete, den wuchtigen Kleiderständer, den ihr Vater voller stolz auf irgendeinem Flohmarkt erstanden hatte, daneben der Wandspiegel. Sie stellte sich davor und betrachte sich eine Zeit, sie erkannte sich wieder, aber irgendwas in dieser Wohnung hatte sich veränderte. War sie vielleicht doch zu lange fortgeblieben? Hätte sie ihre Ankuft ankündigen sollen, damit die Wohnung und die Eltern die Erinnerung an sie aus den dunklen Ecken des Gedächtnisse hervorkrammen konnten?

2
Mrz
2006

Porsche

Wie oft schon hatte Frederike neben Lothar in seinem schwarzen Porsche gesessen, wie oft schon hatte sie sich über die liebevolle Art lustig gemacht, mit der er über den Wagen sprach. Jetzt verstand sie ihren Exfreund. Sie hielt das leicht vibrierende Lenkrad fest, während der Motor wie eine Katze schnurrte und die Karosserie die Vibrationen in ihren Körper übertrug. Besser als die hämmernden Beats einer Technoparty. Sie schalte das Radio aus, um dem Raunen des Wagen zu lauschen. Wann Lothar wohl bemerken würde, dass sie anstatt mit ihrem Lupo mit seinem Panther, wie er den Wagen manchmal nannte, davon gefahren war.

Ihr Handy, das auf dem Beifahrersitz lag, klingelt. Auf dem Display stand "Lothar - Handy". Das ging aber schnell. Sie nahm den Anruf entgegen. Lothar fluchte und flehte. Sie hörte ihm einige Minuten zu, dann verzog sich ihr Gesicht zu einer Grimasse und sie schrie: "Fick dich selbst, du Arschloch!" Dann warf sie das Handy hinter sich. Sie lehnte sich in den Sitz und spielte mit Gaspedal. Der tiefverschneite Wald zog an ihr vorbei. In den Baumkronen glitzerte der Morgen. Die Straße führte in einer engen Kurve aus dem Wald hinaus, an deren Ende sie das Gaspedal durchdrückte. Der Panther fauchte und setzte zu einem Sprung heraus aus dem Schatten ins gleißende Licht an, das die schneebedeckten Wiesen ihr wie aus einem Hohlspiegel entgegen warfen. Reflexartig kniff sie die Augen zusammen und drehte den Kopf so heftig zur Seite, dass sie das Steuer herumriss; der Wagen brach aus der Spur aus, rammte die Leitplanke , mit wilden Bewegungen versuchte sie gegen zu lenken, was den Wagen noch mehr ins schleudern brachte. Dann sah sie wie der Baum auf sie zu kam, in Zeitlupe so schien es, sie schrie, der Wagen prallte gegen den Stamm.

Aphorismen
Augen Auf!
Beobachtungen
Computer
Der Turm von Gwallor
Filme
Fingerübungen
Gedanken
Geschichten
Gesellschaft
Hinweise
Kunst
Literatur
Morgenseiten
Musik
NaNoWriMo
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren