Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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Transgendered

30
Jul
2006

Zwischen den Beinen

Sie kamen die Heinzenstraße herunter, als ich gerade mein Liegedreirad durch die Haustür schob. Drei coole Jungs im Alter von 16 bis 18 Jahren, so Hipp-Hopper Typen mit viel zu weiten Hosen und Goldkettchen um den Hals, obwohl ich das gar nicht so genau weiß. Ich schaute sie nicht an, um eine Unterhaltung mit ihnen zu vermeiden.

"Cooles Rad!"

"Guck dir das an!"

Ich ahnte schon die nächste Frage.

"Was kostet denn so'n Rad?"

Das wollen die meisten zuerst wissen, wenn sie mein Rad bestaunen.

"Ein kleines Auto", antwortete ich.

Während ich mich setzte und damit beschäftigt war, meine Füße an den Pedalen fest zu schnallen, stand einer neben mir.

"Kann ich helfen?", fragte er.

"Nein, danke!"

Wenn er ungefähr zwanzig Jahre älter und attraktiver gewesen wäre, hätte ich seine Hilfe angenommen, nicht weil ich sie brauchte sondern, um mit ihm zu flirten.

"Hey, Sie sind ja gar keine Frau!", rief er, als ich fast Abfahr bereit war.

"Natürlich bin ich eine Frau!"

"Ich seh' doch Ihren Bart!"

Nun gut, zu gegeben, obwohl ich mich rasiert hatte, sah man noch einen leichten Bartschatten. Ich habe ein Hormonproblem, schoss es mir als Antwort durch den Kopf - was der Wahrheit nahe kommt - verkniff aber den Kommentar.

"Was haben Sie denn zwischen den Beinen?"

"Nichts!"

Was sonst als die Wahrheit hätte ich antworten sollen? Das ist einer der Vorteile, wenn man Post-OP ist: Man kann die Wahrheit sagen. Oder muss ich erst das Höschen runter lassen, damit du mir glaubst? Aber auch diese Bemerkung behielt ich für mich.

"Nichts hat er zwischen den Beinen!", rief er hinter mir, als ich in die Alexanderstraße bog. Sie! Du, Depp! Sie hat nichts zwischen den Beinen!

2
Mrz
2006

externe Anrufe

Wenn mein Telefon klingelt und das Display statt einer Telefonnummer nur "externer Anruf" anzeigt, melde ich mich nur mit einem kurzen "Hallo". Wer mir bei anruft und von seiner Identität nicht wenigstens seine Rufnummer preisgeben will, dem bin ich nicht bereit mitzuteilen, bei wem er stört. Man weiß ja nie, wer da am anderen Ende der Leitung sitzt.

Vor ein paar Wochen hatte ich einen anonymen Anrufer, der rief zwei bis drei Mal am Tag an, einmal sogar mitten in der Nacht, der auch die Rufnummernübermittlung unterdrückt hatte. Wenn ich mich mit "Hallo" meldete, legt er sofort auf, kein Stöhnen, gar nichts. Bei seinem vierten Versuch überlistete ich ihn: Ich nahm einfach nur ab, ohne etwas zu sagen. Der arme Mensch muss so verdutzt gewesen, dass er selbst "Hallo" sagte, worauf ich mit "Hallo" antwortete, ich bin meistens ein höflicher Mensch. Dann fragte er nach einem Namen, der meinem ähnelte. Nachdem ich gesagt, dass der hier nicht wohne, legte er auf. Danach hatte ich noch ein paar Mal "externe Anrufe", ich nahm niemals ab, irgendwann gabe er es auf.

Als heute Nachmittag mein Telefon klingelte und es wieder nur ein "externer Anruf" war, hatte ich den Kerl von vor ein paar Wochen schon vergessen.

"Hallo"

"Spreche ich mit Sarah Teigmeier?" Nein das ist kein Tippfehler, nach diesem Namen fragt die Frau wirklich.

"Ja" Eigentlich hätte ich nein sagen müssen, denn schließlich heiße ich anders, aber dazu war nicht schlagfertig genug, ich ahnte ja bereits wie das Gespräch weiter gehen würde.

"Aber Sarah ist doch ein Frauenname."

"Sie sprechen ja auch mit Frau Sarah Tegtmeier"

"Sie sind doch nicht Frau Tegtmeier, sie sind ihr Mann."

"Doch ich bin Frau Tegtmeier."

Solche Situationen habe ich schon oft erlebt. Meistens sage ich dann etwas in der Art, dass ich nun mal für meine tiefe Stimme nichts könne, ob das ein Problem wäre. Nach der Frage sind die Anrufer in der Regel so eingeschüchtert, dass sie meine Stimme als die von Frau Sarah Tegtmeier akzeptieren.

Heute reagierte ich anders. Aus mir unerfindlichen Gründen begann ich zu lachen. Vielleicht lag es daran, dass mir kurz vorher eine Idee für die "Hyperballad"-Geschichte gekommen war und ich deshalb in einer Hochstimmung war.

"Ich kann leider nichts dafür, dass ich so tiefe Stimmung habe", fuhr ich fort, während ich mein Lachen kaum unterdrücken konnte, was die Frau nur noch mehr irritierte. Obwohl sie sich überzeugen ließ, dass sie tatsächlich mit Frau Tegtmeier spreche, hat sie mir das nicht wirklich abgenommen; ich hatte das Gefühl, dass sie mich für meinen Mann hielt und sich von mir verarscht fühlte. Das nehme ich ihr nocht nicht einmal übel, war ja selbst Schuld, so wie ich vor mich hin prustete.

Irgendwann teilte sie mir dann auch mit, was sie von mir wollte. Ich hätte mal an der SKL-Lotterie teilgenommen und leider nichts gewonnen, jetzt würde ich zu den 100 Ausgewählten gehören, denen sie eine zusätzliche Gewinnchance anbieten könne. Ich hatte keine Interesse. Ob ich den nichts gewinnen wolle, das wäre eine einmalige Gelegenheit. Langsam ging sie mir auf die Nerven.

"Ich habe keine Interesse an Ihrem Angebot und beende deshalb das Gespräch", sagte ich, wieder leicht prustend. Sie gab mir nicht die Gelegenheit das Gespräch zu beenden, sie legte auf, ohne sich zu verabschieden. Ich glaube sie hatte genug von mir.

Im nachhinein wundere ich mich, wie schlecht vorbereitet sie war. Wenn sie wusste, an welchen Lotterien ich erfolglos teilgenommen hatte, hätte sie doch auch meinen richtigen Namen wissen müssen.

Andere "externe Anrufe" lassen sich einfacher abwimmeln. Manche wollen mich unter meinem alten Vornamen sprechen, dann antworte ich: "Der wohnt hier nicht."

"Oh, da liegt wohl ein Irrtum vor", kommt oft als Antwort. "Dann vermerke ich das so. Bitte entschuldigen Sie die Störung. Auf Wiederhören."

30
Nov
2005

Siehst du es?

Sieht man es mir an? Auf dem kleinen Foto rechts oben auf dieser Seite? Wenn ich es dir jetzt nicht verraten würde, würdest du es vermuten: Dass die Frau auf dem Foto einmal ein Mann war, dass ich streng genommen eigentlich immer noch ein Mann bin? Das Foto ist so klein und hat doch eine so große Bedeutung, denn mit ihm und all den anderen Fotos, die Marla von mir vor über drei Jahren schoss, begann mein Leben als Frau. Insgesamt waren es ungefähr 140 Fotos, ein paar davon findest du im Genderland . Die Frau auf dem Foto ist ein Kunstwerk, zwei Stunden dauerte es bestimmt, bis Marla mich geschminkt und ein Frisör meine Haare zurecht gemacht hatte. Heute treibe ich diesen Aufwand nicht mehr. Am Anfang benötigte ich Lippenstift, Lidschatten und Wimperntusche, um für mich und andere ein eindeutiges Signal zu setzen: Ich bin eine Frau. Im ersten Jahr als Frau brauchte ich jeden Morgen eine dreiviertel Stunde, um mich zu schminken, im zweiten eine halbe, Anfang dieses Jahres noch eine viertel, heute schminke ich mich gar nicht mehr. Nur noch für besondere Anlässe, nicht für sowas profanes wie Arbeien oder Einkaufen.

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