Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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Das Streben nach Angst
Seit Jahren gibt es eine Weisheit unter Werbestrategen:...
sarah.tegtmeier - 5. Apr, 22:47
Sinkflug
Er verlässt seinen Platz, seinen Arbeitsplatz, ohne...
sarah.tegtmeier - 7. Mai, 22:24
Liebe Sarah, manche Passagen...
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Ohne Zweifel von außen,
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HARFIM - 2. Mär, 00:10
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Gestern kam die neue Ausgabe der TextArt. Auch wenn...
sarah.tegtmeier - 1. Mär, 22:25

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16
Mai
2006

Banane, Himbeer, Schokolade

Das Eis schmolz in der Sonne. Banane, Himbeer, Schokolade, wie immer. Sie rührte lustlos mit dem Plastiklöffel in dem Becher. An ihr vorbei stürmte eine Horde Kinder, alle im gleichen Alter, sieben, acht Jahre, sie trugen eine Schuluniform, die Mädchen weiße Blusen, tannenfarbene Röcke, schwarze Söckchen und Sandalen, die Jungen Hemden, kurze Hosen und Kniestrümpfe in den Farben der Mädchen, Schnürschuhe. Ihre Mundwinkel bogen sich unmerklich nach unten. Während die Klasse auf den freien Plätzen um Julia herum Platz nahm und der Lehrer, ein rundlicher Mitdreissiger, der aussah als käme er gerade von der Uni, die Kinder durchzählte, beobachte sie die rothaarige Kellnerin, die mit zusammengepressten Lippen am Rand der Gruppe auf und ab ging. Die kann sich bestimmt auch angenehmere Kundschaft vorstellen, dachte Julia und wollte gerade aufstehen, als jemand an ihrem Rock zog.

"Was für Eis hast du?"

Der Junge hielt sich eine Hand vor die Stirn, als Sonnenschutz. Er machte ein ernstes Gesicht, viel ernster als sie es vom einem siebenjährigen erwartete hätte. Plötzlich fühlte sie sich unsischer. Was ging sie der Junge an, sie sollte einfach aufstehen und ihn ignorieren, aber an diesem paar Augen, das sie fixierte, als gelte es das größte Geheimnis der Kindheit zu enthüllen, war etwas besonderes, die Pupillen zuckten nicht, die Lider blinzelten nicht, ein leerer Blick, wie der einer Puppe, mit der lange niemand gespielt hatte.

"Banane, Himbeer und Schokolade" Julia sank wieder in ihren Stuhl.

"Wie schmeckt es?"

"Ich weiß nicht, ich habe noch nicht probiert?"

Warum nur antwortete sie diesem Kind? Dessen Stimme klang, als hätte es schon an allen möglichen Orten ein Eis gegessen und sie anstarrte als wäre sie seine Vorkosterin.

"Was willst du eigentlich von mir? Lass mich in Ruh!", entfur es ihr, sie tastete nach ihrer Handtasche und ging, ohne ging ohne zu bezahlen.

12
Mai
2006

das letzte Schiff

Die Wasserfälle des Rohans atmeten ihren morgendlichen Dunst über Tuhir aus. Wie ein riesiger Mückenschwarm stoben winzige Wassertropfen durch die Gassen. Maral stand am Kai, an dem sie vor einigen Wochen an Land gestiegen war, und blickte in Richtung des Marktplatzes. Das Licht brach sich in dem feinen Nebel, so dass Erker und Zinnen der Häuser mit glänzenden Regenbögen behangen waren. Sie fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sie sich an die Feuchtigkeit in der Luft gewöhnte, die in einem ununterbrochenen Strom von den Fällen her durch Tuhir zog. Sie war noch nicht soweit, vom Atem des Rohan zu sprechen wie die Bewohner Tuhirs den Nebel nannten, und wischte sich noch immer durchs Gesicht, wenn sich Tropfen auf ihrer Stirn ansammelten. Ich komme noch immer in Tuhir an, dachte sie und drehte sich zum Meer. Seit ihrer Ankunft hockte sie jeden Morgen hier, um über das Wasser in die Ferne zu blicken. Obwohl seit Wochen kein Schiff aus ihrer Heimat angelegt hatte, kam es ihr vor, als liefe mit jedem Sonnenaufgang ein unsichtbares Schiff, auf dem sich ein Teil von ihr befand, in den Hafen ein; so als folge dem Schiff, mit dem ihr Körper angekommen war, eine Flotte zurückgebliebener Schiffe, die nun nach und nach in Tuhir anlangten, um einen weiteren Teil von ihr zu liefern. Sie spürte, dass sie auch heute nicht das letzte dieser Schiffe empfangen hatte. Sie sehnte sich nach dem letzten Schiff.

9
Apr
2006

weißes Rauschen

Katrin schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf, zum ersten Mal seitdem sie vor drei Monaten hier mit ihrem Freund - oder Exfreund, das kam ganz drauf an, wie sie sich entschied - eingezogen war, fühlte sie nicht diese Beklemmung, wenn sie den Flur betrat, zum ersten Mal hatte sie das Gefühl nach Hause zu kommen. Sie hängte ihren Wintermantel an einen Haken, zog ihre Stiefel aus und versuchte das Grinsen, das sie in sich spürte zu unterdrücken, bevor sie in das gemeinsame Wohnzimmer ging. Harald lag auf dem Sofa und war eingeschlafen. Auf dem Beistelltisch standen mehrere leere Bierflaschen, vor dem Fernseher waren Kartoffelchips verstreut, über den Bildschirm flimmerte weißes Rauschen. Katrin ließ sich in einen Sessel fallen und beobachtete ihren Freund, während sie an das vorangegangene Treffen dachte.

"Engelchen!", flüsterte sie, so hatte sie Ottmar vorhin genannt, als sie sich von einander verabschiedet hatten. Es war das erste Mal, dass ein Mann sie Engelchen nannte. Nun musste sie doch grinsen.

"Engelchen!", wiederholte sie und biss sich auf die Zunge, als Harald sich auf dem Sofa räkelte. Einen Augenblick fürchtete sie, er könnte aufwachen, er schnarchte nur kurz auf und schlief weiter.

Sie nahm die Fernbedienung vom Tisch und stellte den Ton lauter, den Harald aus irgendeinem Grund heruntergestellt zu haben schien, und lauschte dem Rauschen.

6
Apr
2006

Auf der anderen Straßenseite

Auf der anderen Straßenseite stieg Sieglinde aus dem Wagen, sie strich ihren Mantel glatt und lehnte sich gegen die Fahrertür. Karl winkte seiner Tochter zu, die aber nicht reagierte, sie schaute noch nicht einmal zu ihm herüber. Die nächste Fußgängerampel lag fünfzig Meter in der entgegengesetzten Richtung. Eigentlich wäre es wegen des morgenlichen Berufsverkehrs klüger den Umweg in Kauf zu nehmen, aber Karl kannte diesen ungeduldigen Blick, das war kein gutes Zeichen. Karl suchte nach eine Lücke im Verkehr. Er setzte einen Fuß in den Rinnstein, sprang aber wieder zurück, als von links ein Tankwagen heranraste.

"Sieglinde", rief er über die Straße, "Sieglinde, wende und hol mich hier ab. Ich schaff's nicht über die Straße!"

Seine Tochter rührte sich nicht. Er spürte wieder dieses Stechen in der Brust, wie vorhin beim Frühstück, nur war es diesmal stärker. Er hatte seine Tochter angerufen, damit sie ihn ins Krankenhaus fuhr. Endlich sah eine Lücke im Verkehr, er hasste über die Straße so schnell es die Schmerzen zu ließen. Er sah nur noch seine Tochter, die sich inzwischen eine Zigarette angesteckt hatte. Neben ihm quietschen die Bremsen eines Sportwagens. Karl blieb mitten auf der Fahrban stehn, ihm wurde schwarz vor Augen, in welcher Richtung wartete Sieglinde auf ihn. Er wankte und stützte sich auf der Motorhaube ab.

"Kann ich Ihnen helfen?" Der Fahrer war ausgestiegen und stützte Karl.

"Meine Tochter, Sieglinde, die soll mich ins Krankenhaus bringen, die wartet auf mich."

"Wer ist ihre Tochter?", fragte der Mann mit ruhiger Stimme.

"Sieglinde, meine Tochter heißt Sieglinde"

"Ist es die Frau dort drüben bei dem blauen Audi?"

"Wie?" Hatte Sieglinde nicht einen schwarzen Wagen? "Ich weiß nicht"

"Stützen Sie sich auf mich, ich führ sie hin."

Als sie den Wagen erreichten, öffnete Sieglinde schweigend die Beifahrertür. Der Mann half Karl beim Einsteigen, dann verabschiedete er sich.

"Eine viertel Stunde Zeit habe ich jetzt hier wegen dir vertrödel", sagte Sieglinde, als sie los fuhr. "Dabei habe heute Vormittag so viele Termine, aber nein der Herr muss ja mal wieder zum Arzt."

Karl hörte ihr nicht zu, er schloss die Augen, langsam verschwand das Stechen in der Brust.

3
Apr
2006

Antworte, Antanas!

"Hey, Antanas", Martha fährt sich mit den Händen durch die Haare. "Ich soll ein Buch über Dich schreiben, tausend Fragen habe ich dir schon gestellt, aber du antwortest einfach nicht. Was ist los mit dir?"

Laub raschelt unter Antanas' Schritten, während sie durch den Wald schreiten.

"Kannst du dir vorstellen, was das für mich bedeutet?" Sie stellt sich ihm in den Weg, er bleibt stehen, hebt den Blick wie einen schwer Stein vom Boden auf und schaut sie an. "Einen Roman, d.h. ein gedrucktes Buch, das andere kaufen und lesen könen. Bisher gibt es ja noch nichts Gedrucktes von mir."

"Ich will Magier werden." Antanas blickt durch sie hindurch, zu dem Abendrot das zwischen den Stämmen aus dem Morast dunstet.

"Ja, ja, ich weiß, du willst Magier werden, du willst nach Gwallor, du willst den Turm der Magier besteigen", Martha schüttelt den Kopf. "Das Thema hatten wir schon!"

Martha packt den Mann an Schultern und schüttelt ihn. Er lässt es geschehen.

"Das reicht nicht, Antanas, das reicht nicht!", schreit Martha.

Martha öffnet die Augen und blickt wieder auf den leeren Bildschirm vor ihr. Es war ein Versuch, in Gedanken ist sie mit Antanas spazieren gegangen. Für einen kurzen Moment hat sie ihren Protagonisten gesehen und ihn sogar berührt. In welchem Wald hat sie ihn getroffen? Auf der Lichtung, wo er zum ersten Mal den Kentauren begegnet? In dem Sumpf, in dem er sein magisches Talent entdeckt?

Martha schließt die Datei, nicht einen Satz hat sie heute über Antanas geschrieben, und dabei will sie doch einen Fantasy-Roman schreiben, stattdessen tippt sie seit Monaten belanglose Kurzgeschichten in den Rechner, so geht das nicht weiter. Sie fährt ihren Rechner herunter und holt sich eine Flasche Flensburger aus dem Kühlschrank. Ihre Augen brennen, sie ist müde.

2
Apr
2006

Was ist Alkoholismus?

Wisst ihr, was Alkoholismus ist?

"Ja, natürlich", sagt ihr. "Das ist, wenn jemand süchtig nach Alkohol ist, wenn jemand seine Sorgen und Nöte im Alkohol ertränkt und dann nicht mehr von der Flasche los kommt."

Ihr wisst gar nichts!

Könnt ihr Alkoholismus einen Namen gegen?

Bei mir heißt Alkoholismus "Mücke". So wird mein Lieblingsonkel, der Bruder meiner Mutter, von allen genannt. Als Kind habe ich ihn niemals mit "Onkel Manfred" angeredet, immer nur "Mücke". Mücke ist einige Jahre jünger als meine Mutter, wieviel genau, habe ich vergessen, ich denke es sind um die zehn Jahre. Wie Mücke zu diesem Spitzname gekommen ist, weiß ich auch nicht so genau, wahrscheinlich weil er als Baby und Kind klein und schmächtig war.

Wenn ich an Mücke denkt, fällt mir immer dieselbe Geschichte ein. Ich ging noch zur Grundschule. Ich hatte damals einen Freund, der Michael hieß und ein rotes Rennrad fuhr. Einmal versteckte Mücke zusammen mit einem Angestellten meiner Großeltern das Rennrad auf einem Flachdach, das zu dem Hotel meiner Großeltern gehörte. Als Michael bemerkte, dass sein Rad verschwunden war, taten Mücke und der Angestellten als wüssten sie von nichts, sie verarschten Michael eine Weile, flunkerten ihn an und ließen ihn nach seinem Rad suchen. Irgendwann entdeckte Michael das Rad auf dem Dach, er musste es selbst herunterholen, während Mücke und der Angestellte sich wegen des gelungenen Streichs amüsierten. An solchen Streichen und Flunkereien hatte Mücke seine Freude.

Diese Erinnerung ist kostbar, denn von dem Menschen, der einmal Mücke war ist nicht viel übrig geblieben. Als ich heute mit meiner Mutter telefonierte, fragte ich mich das erste Mal, ob er überhaupt noch ein Mensch ist, und erschrank deswegen.

Mein Onkel säuft seit fünfzehn Jahren. Schon vor seinem ersten Zusammenbruch ahnte ich es, verstand es aber nicht oder wollte es nicht wahrhaben - wie alle in unserer Familie. Ich sah wie er sich ein Bier zapfte und dabei am ganzen Körper zitterte. Nach seinem ersten Zusammenbruch, das war vor ungefähr fünfzehn Jahren kam er für einige Wochen in eine Klinik für Suchtkranke. Anfangs hofften wir, er würde vom Alkohol loskommen. Einige Jahre soff er vor sich hin, die Ehe ging in Brüche. Viele aus meiner Familie haben mit ihm gesprochen, versucht ihn zur Vernunft zu bringen, glaubten sie könnten es schaffen. Selbst ich dachte das eine Zeit lang, dass ich ihn mir mal "zur Brust nehmen müsste" (ausgerechnet ich!). Es hat lange gedauert, bis ich begriff, das ich koabhängig war.

Aber eigentlich wollte ich das alles gar nicht erzählen, sondern dass, was meine Mutter mir heute den Tränen nah am Telefon erzählte.

Vor eineinhalb Jahren bekam mein Onkel Zungenkrebs. Letztes Jahr im Mai wurden ihm Teile der Zunge weggeschnitten. Seitdem kann er kaum sprechen und schlucken. Er hat einen Eingang für künstliche Ernährung. Seit einem halben Jahr säuft er wieder. Er steigt durch Fenster in die Kneipe meines Großvaters ein, klettert über Schränke, die er dabei fast aus den Wänden reißt, um irgendwie an Alkohol zu kommen. Ich glaube, er ist vor Jahren dabei einmal durch ein Glasdach gestürzt und hat sich dabei fast die Pulsadern aufgeschnitten.

Vor kurzem brachte meine Mutter meinen Onkel ins Krankenhaus, weil er wieder einen totalen körperlichen Zusammenbruch hatte. Während er auf einer Trage lag, warteten sie auf einen Arzt. Das erzählte meine Mutter heute am Telefon, ihre Worte, so gut ich die erinnern kann:

"Dann kam die Ärztin, eine Polin war das, ...

Die fragte ihn: 'Wie lange trinken Sie schon?'

Er hob fünf Finger.

'Wochen', fragt sie, er nickte.

'Nein', sagte ich, 'seit fünf Monaten, säuft der wieder.'

'Was trinken Sie?', fragte die Ärztin.

'Bier aus Eimern und Steinjäger', sagte ich.

Dann fragte die Ärztin: 'Wie trinken Sie?'

Er sah die Ärztin an, ich glaube er verstand sie gar nicht mehr. Sein Hemd war besudelt, fleckig. ... Er trinkt den Alkohol nicht, er kippt ihn sich über den Schlauch, mit dem er sich künstlich ernähren kann in sich hinein. Als ich das der Ärztin erzählte, wär' die fast ausgerastet."

Das ist Alkoholismus!

31
Mrz
2006

Land in Sicht

Am Bug klatschten Wellen an die Holzwand des Schiffes. Die wenigen Segel, die der Kapitän nicht hatte einziehen lassen, blähten sich auf und schnauften, wenn Böen in sie fuhren. Maral hörte, wie der Kapitän mit seinem Steuermann stritt. Sie rannte aus ihrer Kajüte, den Gang entlang, erklomm die Leiter. Als sie die Luke zum Deck offnet, stieß sie mit dem Steuermann zusammen.

"Was suchst du hier!", er schaute durch ein Fernrohr. "Verschwinde, geh zurück in deine Kajüte."

Maral blieb in der Luke stehen und schaute über die Rehling. Dichter Nebel umgab das Schiff. Schroffe Felswände beugten sich durch milchigen Schwaden und verschwanden sofort wieder. Von Ferne hörte sie die Brandung.

"Timor, sind wir da", fragte sie den Steuermann. "Ist das die Küste von Tuhir?"

"Ja, kleine Hexe, vor uns liegt Tuhir", raunte Timor. "Aber du hast jetzt nichts an Deck verloren!"

Der Steuermann wollte sie die Treppe hinunterstoßen, sie wich seinem Arm aus und stürmte über das Deck. Sie drängelt sich zwischen den Matrosen hindurch, aber kaum jemand von der Mannschaft beachtete. Von allen Seiten hörte sie Stimmen. Sie lief bis zur vordersten Bugspitze, kletterte hinauf und lehnte sich über den Rand. Das Schiff schnitt durch die Wogen. Salzwasser spritzte ihr ins Gesicht. Sie starrte in den Nebel, der immer undurchdringlicher wurde, je näher das Schiff der Küste kam. Endlich Tuhir! Wie lange hatte sie davon geträumt. Sie riss die Augen auf, um wenigstens eine Baum oder ein paar Felsen von Tuhir zu erspähen, aber der Nebel lichtete sich nicht. Sie streckte die Arme in die Höhe, tauchte ihren Blick tiefer in die Schwaden ein, sie versank darin, vergass das Schiff und beinahe auch sich selbst, dann stieß sie einen Freudenschrei aus, so gellend, dass jeder auf dem Schiff aufschaute und die Schreie der Matrose verstummten. Maral war am Ziel, auch wenn sie es noch nicht sah und nicht wusste, was sie dort erwartete oder ob sich ihre Hoffnungen erfüllten, nichts konnte sie mehr davon abhalten es zu erreichen.

28
Mrz
2006

silberner Mercedez

Viel war nicht von ihm übrig geblieben, als Klaus Böhler die Konzernzentrale verließ und zu seinem Firmenwagen, einem silbernen Mercedes, eilte. Früher war der Wagen seiner ganzer Stolz gewesen, er dokumentierte den Rang, den er auf der Karriereleiter erklommen hatte, nun warf der Lack das Spiegelbild des Vertriebsleiters seltsam verzerrt zurück: Das Gesicht war zu seiner konturlosen Fratze auseinander gezogen, die Ohren und Augen waren zu schwarzen Stecknadelknöpfen zusammen gefallen. Er trat aus dem Schatten, den die Eingangshalle warf, heraus und richtete sich auf, ging ruhig und gefasst zu seinem Parkplatz. Wer auch immer ihn aus den Büros in den oberen Etagen beobachtete, sollte nicht merken, wie aufgewühlt er war. Bestimmt steckten die junge Kerle schon die Köpfe zusammen und machten sich über ihn lustig. Er öffnete den Kofferraum, packte seine Taschen hinein und stieg in den Wagen, und erst jetzt begann er zu überlegen, was schief gelaufen. Er ging noch einmal zum Kofferraum und nahm den Ordner mit den Unterlagen für die Präsentation heraus und setzte sich damit wieder auf den Fahrersitz. Er schlug die oberste Seite auf. Während er sich anschnallte überflog die Stichpunkte. Und da fiel es ihm auf: das rote Kreuz, das den Kerngedankten seiner Argumentation markiert. Er konnte sich nicht erinnern, diesen Punkt angesprochen zu haben. Er schalte die Klimaanlage des Wagens. Hatte er wirklich diesen Punkt vergessen, falls ja, dann war es kein Wunder, dass sie ihn demontiert hatten. Er nahm den Ordner aus seinen Schoß und blätterte die Seiten durch.

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