Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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13
Aug
2007

Stöckchen-Spiel

Ja, Teufel noch mal, was ist denn das? Wo kommt das denn her? Liegt hier einfach im Weg. Leute, das könnt ihr doch nicht machen! Wenn da jemand drüber stolpert, der bricht sich vielleicht ein Bein oder schlimmer das Genick. Das ist gar nicht lustig, da braucht ihr gar nicht lachen, das ist alles schon vorgekommen. Ihr braucht nur die Zeitung aufschlagen. Jeden Tag berichten die von solchen Unglücksfällen. Nun gut ich räume es weg. Aber nur weil ihr es seid. Aber was ist das überhaupt? Ein Stöckchen, von einer Weide oder Ulme, gut eine Elle lang. Und schaut mal hier: Das ist ja was eingeritzt auf der Rinde. Was steht denn da:

"Nennen Sie acht Punkte, die man über Sie wissen sollte!"

Also so was! Ich wäre schon froh, wenn ich acht Dinge nennen könnte, die ich selbst über mich wissen sollte. Woher soll ich wissen, was andere über mich wissen sollten. Bin ich hier in einem Assessment-Center? Ich habe mich doch nirgends beworben. Ich will doch keinen anderen Job als meinen Brotberuf. Ich bin Schriftstellerin. Okay, so ganz stimmt das nicht, aber ich arbeite daran.

Ach, da hängt ja noch ein Zettel an dem Stöckchen. Hätte ich beinahe übersehen. Absender: Wally, und Mamü und ein paar andere, die noch nicht so gut kenne, haben auch eines bekommen. Dann bin ich also nicht zufällig über das Stöckchen gestolpert. Die Wally hat es extra für mich hier hingelegt. Seht ihr mal, das kommt davon, wenn man nicht regelmäßig das Internet aufräumt, dann bleibt so was liegen und andere fallen darüber. Ich war die letzte Woche aber auch etwas abgelenkt wegen meiner Lesung, die in ungefähr einem Monat ist.

Danke, Wally, ich nehme das Stöckchen an. Das wird aber wirklich schwierig. Acht Dinge, die andere über mich wissen sollten. Da muss ich erst mal überlegen.

1. Ich habe mir meinen Vornamen selbst ausgesucht.

Das ist einer der wenigen Vorteile, die man hat, wenn man wie ich als Junge geboren wurde und einem klar wird, dass man das eine Y-Chromosom gerne gegen ein zweites X-Chromosom tauschen würde: Man darf den Vornamen selbst wählen. Meine Eltern tauften mich Heiko. Welchen Namen sie mir gegeben hätten, wenn ich als Mädchen zur Welt gekommen wäre, weiß ich nicht. Das erste Mal nannte ich mich Sarah, als ich in dem Spiel Unreal nach dem Namen meiner Spielfigur gefragt wurde. Natürlich spielte ich als Frau. Das war drei Jahre vor meinen Coming Out. Ich mochte damals alte Namen. Ich überlegte, welche Namen aus der Bibel mir gefielen und kam so auf Sarah.

2. Ich verbrauche pro Jahr mindestens zwei Paar Schuhe.

Seit einem Unfall kurz vor meinem dritten Geburtstag bin ich behindert: Ich kann nicht richtig laufen. Wenn ich gehe, ziehe ich die Füße über den Boden, wodurch ich die Sohle an den Schuhspitzen abschleife. Es dauert in der Regel nur ein paar Monate, dann haben die Schuhe vorne Löcher. Wenn ich Löcher sage, dann meine ich auch richtige Löcher, solche wegen der man bei Regen nasse Füße bekommt. Einmal hatte ich Sportschuhe, die hielten fast ein ganzes Jahr, das war absoluter Rekord.

3. Ich habe nichts dagegen, wenn man mich nach meiner Behinderung fragt.

Ich wundere mich immer wieder, wie selten mich Menschen nach meiner Behinderung fragen. Wahrscheinlich scheuen die meisten vor einer Frage danach zurück, weil sie denken, dass die Frage zu persönlich ist. Natürlich ist die Frage persönlich. Ich meine nicht Leute, die mir beim Einkaufen im Supermarkt begegnen, oder flüchtige Bekannte, nein, ich spreche von Menschen, mit denen ich mehr zu tun habe, die sich mit der Zeit zu Freunden entwickeln. Jeder Mensch hat Geschichten, die er jedem erzählt. Die Geschichte meiner Behinderung ist eine meiner Geschichten. Wie ich sie erzähle, hängt von meiner Stimmung ab.

4. Ich mag Stehpartys nicht.

Die Leute stehen in Grüppchen zusammen, unterhalten sich angeregt. Man flaniert von einem Gespräch zum anderen. Ein Kellner bietet auf einem Tablett Sekt oder Orangensaft an. Eine Serviererin reicht Schnittchen. Auf ein paar wackeligen Tischchen kann man sein Glas abstellen. Auf eines dieser Tischchen werde ich mich wahrscheinlich stützen, weil ich nicht mehr stehen kann. Nach ungefähr einer halben Stunden wird stehen für mich anstrengend. Vielleicht gibt es sogar am Rand der Party vereinzelte Stühle. Aber wer möchte gerne abseits sitzen? Nein, auf Stehpartys kann ich verzichten.

5. Mein erste große Liebe war die Mathematik.

Eigentlich müsste ich über meine Liebe zur Mathematik einen separaten Beitrag schreiben und für die Königen der Wissenschaften eine Kategorie in meinem Weblog anlegen. Vielleicht ist Liebe auch zu pathetisch formuliert. Ich habe Mathe studiert, mit Begeisterung. In manchen Vorlesungen sass ich mit den staunenden Augen eines Kindes. Heute ist mein Verhältnis zur Mathematik abgekühlt. Trotzdem empfinde ich so etwas wie Ehrfurcht und Bewunderung, wenn ich an messbare Funktionen, den Satz von Bohman-Korovkin oder die Abgründe der Mengenlehre denke. Manchmal vermisse ich meine alte Freundin.

6. Ich teile meine Wohnung mit zwei Katzen.

Mera ist grauschwarzgetigert, mit einem weißen Latz und weißen Pfoten. Sansa ist schwarzgrau, mit weißen Unterfell. Sie sind Schwester und vier Jahre alt. Als ich sie aus dem Tierheim holte waren sie ein Jahr alt. Sansa springt beim Frühstück oft auf meinen Schoss und tretelt meinen Bauch. Mera legt sich abends zu mir ins Bett und vergräbt ihre Nase gern in meiner Achselhöhle. Während der ersten Monate, in denen sie bei mir waren, sprangen sie mir drei Mal mit gezückten Krallen ins Gesicht. Damals war kurz davor sie zurück ins Tierheim zu bringen. Heute kann ich mir ein Leben ohne meine Schätzchen kaum vorstellen. Wie oft schon habe ich mich gefragt, was in ihren Köpfchen vorgeht, wenn sie bei mir liegen und schnurren.

7. Ich spiele Go.

Go ist ein asiatisches Brettspiel. Seine Ursprünge liegen vor 4000 Jahre in China. Es gilt als das älteste Brettspiel der Welt. Ich habe es vor fünfzehn Jahren gelernt. Meine Spielstärke ist 4. Kyu, was ziemlich schwach ist. wenn man bedenkt wie lange ich es schon spiele. Mir hat es leider immer an Disziplin und Ausdauer gemangelt mich intensiver mit Go zu befassen.

8. Ich bin würde gern ein Musikinstrument spielen können.

Während der Grundschule lernte ich Blockflöte. Mit 16 Jahren wollte ich eine Gitarre haben, hatte aber keine Gitarrenlehrer. Stattdessen versuchte ich mir das Gitarre spielen selbst beizubringen. womit ich nicht sehr erfolgreich war. Ich habe nie in einer Band oder mit anderen gespielt. Heute würde ich gern Saxophon lernen. Dazu würde ich mir auch einen Lehrer nehmen. Leider fehlt mir dazu die Zeit: Schreiben ist mir wichtiger. Solange ich noch nicht vom Schreiben allein leben kann, werde ich mir kein Saxophon kaufen.

Puh, geschafft, war doch einfacher als ich dachte. Mir fallen jetzt natürlich noch viel mehr Dingen ein, die andere über mich wissen sollten.

Ich werfe das Stöckchen jetzt einfach in die Blogger-Gemeinde. Bin gespannt, ob es jemand fängt. Wäre schöne, wenn der Fänger einen Kommentar schriebe.
Mamue - 13. Aug, 16:54

Hallo Sarah,

deine Einleitung finde ich klasse.

Und wenn ich deine 8 Punkte so lese, dann fällt mir auch noch viel mehr ein, was ich hätte schreiben können und was ich alles vergessen habe. Dabei dachte ich zuerst, ich kriege nicht mal 8 zusammen.

Wusstest du eigentlich, dass wir einiges gemeinsam haben?
Deine Abneigung gegenüber Stehpartys z.B. So arg toll finde ich Stehpartys auch nicht. Ich habe nämlich Skoliose (eine seitliche Wirbelsäulenverkrümmung). Dadurch kann ich auch nicht so lange stehen, wie andere es offensichtlich können. Man spricht ja immer vom Sitzfleisch, gibt es eigentlich auch Stehfleisch? Wenn ja, ich habs jedenfalls nicht.

Und Mathe war in der Schule auch immer mein Lieblingsfach. Meine Liebe war sicher nicht so ausgeprägt, wie bei dir, aber es war mir neben Kunst und Musik immer das liebste Fach in der Schule.

Blockflöte habe ich auch in der Schule gelernt und es hat mir immer Spaß gemacht. Gitarre, oje. Als Teenie habe ich sogar einen Gitarrenkurs besucht, aber nicht lange. Wir lernten anfangs sowas wie "Hänschen Klein" und ich wollte doch Begleit-Akkorde spielen können, weil ich Sängerin werden wollte. *smile* Dann habe ich das ganz aufgegeben und jetzt kann ich auch nichts mehr davon. Leider. Ein bisschen Orgel kann ich noch, wenn man da von Können reden kann. Ich habe auf der Orgel sogar selbst ein Schlaflied geschrieben. Na ja, einfach nur Melodie und Text. Keine Komposition in dem Sinne. Ja, ein Musikinstrument, außer Blockflöte, würde ich auch gerne können, es hapert nur immer am Durchhaltevermögen. Und an der Anschaffung.
Aber wer weiß, irgendwann, wenn wir einen Bestseller geschrieben haben, vom Schreiben leben können, eine Hausperle haben, die unseren Haushalt erledigt und uns Kaffee serviert, dann... dann ist auch Zeit für ein Musikintstrument. :-)

Es war sehr interessant, deine 8 Punkte zu lesen, schade, dass es nicht mehr sind.

Liebe Grüße,
Martina

Wally P. - 14. Aug, 11:31

*freu* Danke, du das Stöckchen angenommen hast, Sarah, obwohl du wegen der Lesung momentan nur wenig Zeit hast!

So einiges von dir war mir zwar schon bekannt, aber dein Text zeigt mir auch neue Seiten an dir auf.
Du hast Mathe studiert? Da verbeuge ich mich spontan ganz tief vor dir. Mathe war mir nämlich meist ein Buch mit sieben Siegeln. Außer Kaufmännisches Rechnen, auf der Handelsschule, das schüttelte ich seltsamerweise leicht und locker aus dem Ärmel...*noch immer erstaunt darüber bin*

Ich bin auch ein sehr musikalischer Mensch. Saxophon spielen können, das würde auch mir gefallen. Fraglich wäre allerdings, ob ich ausreichend Puste dafür hätte...*keuch*... *grins* Darum ist `Hand´-Musik eher mein Ding. In meiner Jugend habe ich Elektronische Orgel und Mandoline spielen gelernt. Leider übe ich beide Instrumente schon lange nicht mehr aus. Für unsere Heim-Orgel (steht bei meinen Eltern) ist in unserer Wohnung kein Platz, darum hatte ich mir irgendwann mal ein Keyboard, als Ersatz, gekauft. Musste aber feststellen, dass mir das nicht annähernd so viel Spaß macht, wie die Finger auf der Orgel rumflitzen zu lassen und gleichzeitig die Fußpedale zu treten.
Hin und wieder klimpere ich schon mal auf dem Keyboard oder meiner Mandoline rum, nur bißchen Fingerübungen, um zu sehen, ob ich es noch kann. Mehr aber leider nicht mehr. Sollte mir meine Zukunft irgendwann einmal finanzielle Sicherheit und jede Menge Zeit bescheren, dann werde ich mich neben dem Schreiben auch wieder mehr der Musik widmen. Irgendwann, vielleicht...*seufz..*

GO - dises Spiel kenne ich nur aus dem Kreuzworträtsel, wusste nicht, dass das auch heute noch gespielt wird.

Und reine Stehparties mag ich auch nicht! Länger als eine Stunde mag ich nicht rumstehen.

War sehr interessant, ein bißchen mehr von dir zu erfahren!
Übrigens: Mir ging es ebenso, wie dir. Nachdem ich den Text ins Weblog geschrieben hatte, fielen mir auf einmal noch `tausend´ andere Sachen ein, die ich noch hätte schreiben können...*lach*

Liebe Grüße
von Wally


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