Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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28
Jan
2008

Das letzte Frühstück

"Nein, pfui, Max! Das ist nichts für dich"

Der Kater buckelte, als Karin Hofmann ihn von dem Frühstück wegschubste, das sie für ihren Vater bereitete.

"Karin!" Die Stimme ihres Vaters gellte aus dem ersten Stock. "Wo bleibt mein Frühstück?"

Sie blickte unschlüssig auf die Phiole, in die sie den Sud aus Hundspetersilie, geflecktem Schierling und Samen des Wunderbaums gefüllt hatte. Ihre Hand zitterte, als sie den Deckel der Phiole aufschraubte. Sie mochte den Geruch des Giftes: so roch Freiheit.

"Karin!"

Ihr Vater hatte sich nie für sie interessiert; seit er wegen des Schlaganfalls das Bett allein nicht mehr verlassen konnte, ließ er seinen Groll an ihr ab: Es reichte. Später erinnerte sie sich nicht mehr, wie sie das Gift in Saft und Kaffee gegossen hatte, nur an den letzten Tropfen, der sich zögernd vom Rand der Phiole gelöst hatte und glitzernd auf das Rührei gefallen war, erinnerte sie sich später und daran, dass sie auf der Treppe fast über Max gestolpert wäre.

"Wurde aber auch Zeit", knurrte ihr Vater, als sie das Tabelett auf den Nachtschrank stellte. "Soll ich auch noch hungern, reicht es nicht schon, dass ich nicht mehr allein laufen kann?"

"Nein, Vater, ich ..."

"Willste mir jetzt etwa auch noch zu gucken? Oder mich vielleicht sogar füttern?" Er schwang die Hand, in der er das Glas hielt. Orangensaft tropfte auf die Bettdecke. "Verschwinde! Und nimm deinen stinkenden Kater mit!"

Während Karin das Zimmer verließ, leerte der Vater das Glas in einem Zug. Nun würde es geschehen. Wie lange würde es dauern, bis das Gift wirkte? Sie ging hinunter in die Küche und setzte sich an den Tisch. Max sprang auf ihren Schoss und ließ sich von ihr kraulen.

"Karin! Uh! ... Mir ist ... Hilf mir, Karin!"

Sie presste die Hände auf die Ohren, starrte aus dem Fenster und beobachtete wie die Sonne empor stieg. Erst als sie aus dem Ausblick herausgewandert war, wagte Karin es, die Hände sinken zu lassen. Was für eine wunderbare Stille.

"Max!" Der Kater kletterte auf den Tisch und rieb sein Köpfchen an ihrer Wange. "Wir sind frei! Hörst du?"

Am liebsten wäre sie durchs Haus getanzt, aber ihre Freude dauert nicht lang. Schlagartig wurde ihr bewusst, was sie getan hatte, dass sie eine Geschichte brauchte, um zu erklären, wie ihr Vater gestorben war, und dass sie die Spuren beseitigen musste. Sie wollte gerade aus der Küche gehen, als jemand gegen das Fenster klopfte. Sie zuckte zusammen und erkannte den Arzt ihres Vaters erst nicht. Er gab ihr Zeichen, dass er zur Haustür gehe.

Fieberhaft überlegte sie, was sie dem Arzt erzählen sollte.

"Guten Morgen, Herr Dr. Kutzner! Ich bin so froh, dass Sie zufällig kommen" Ihr fiel nichts Besseres ein, als die besorgte Tochter zu spielen. "Mein Vater hatte heute Morgen Schmerzen in der Brust. Ich wollte Sie deswegen anrufen. Aber Sie wissen ja, wie er ist."

"Guten Morgen, Frau Hofmann! Eigentlich wollte ich Sie nur fragen, ob ich meinen Hut bei Ihnen vergessen habe." Dr. Kutzner trat ein. "Aber wo ich schon da bin, kann ich ja mal mit Ihrem Vater sprechen."

Als Karin den Arzt zum Schlafzimmer ihres Vaters führte, begann sie zu schwitzen. Sie fürchtete sich vor dem Anblick, der sie erwartete; hoffentlich schöpfte der Arzt keinen Verdacht.

"Vater!"

Sie erschrak, als sie die Leiche ihres Vater sah. Ein Arm hing schlaff an der Bettkante herunter. Erbrochenes quoll aus seinem Mund. Die Augen blickten zur Ecke.

Dr. Kutzner drängte sich an ihr vorbei. Er tastete nach dem den Puls des Toten und befühlte die Stirn.

"Es tut mir Leid, Frau Hoffmann" Dr. Kutzner ging auf Karin zu und nahm ihre Hände. "Ihr Vater ist tot."

"Tod? Nein, das kann doch gar nicht sein. Vorhin habe ich ihm doch noch das Frühstück gebracht."

Karin spürte, dass sie ihrem Gesicht nicht den richtigen Ausdruck geben konnte. Sie drehte sich vom Bett fort, lehnte die Stirn gegen die Wand.

"Ja, es sind wirklich seltsame Umstände" Dr. Kutzner legte eine Hand auf ihre Schulter. "Irgendwas stimmt hier nicht."

"Wie meinen Sie das?" Karins Puls hämmerte in ihrem Hals.

"Frau Hoffmann", Dr. Kutzner sah sie finster an. "Sie müssen mir genau erzählen, wie ihr Vater sich heute Morgen gefühlt hat."

"Als ich ihm das Frühstück brachte, sagte er, ihm sei schwindlig und er habe ein Stechen in der Brust, das Atmen strenge ihn an."

"Es fällt mir schwer Ihnen das zu glauben. Als ich Ihren Vater das letzte Mal untersuchte, waren sein Herz und seine Lungen in Ordnung." Der Arzt zeigt auf den Toten. "Die Merkmale an seinem Körper deuten daraufhin, dass er sich erst übergeben hat und dann erstickt ist. Das sieht mir nicht nach einem natürlichen Tod aus."

"Ich versteh nicht, was Sie damit andeuten wollen" Jetzt nur nicht die Nerven verlieren; was hatte er schon in Hand.

"Sie verstehen sehr gut. Glauben Sie etwa, ich hätte nicht bemerkt, wie das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Vater war." Dr. Kutzner zog ein Handy aus einer Hosentasche. "Ich muss die Polizei rufen."

"Was?" Karin schüttelte den Kopf "Wollen Sie damit etwa andeuten ..."

"Ich will gar nichts andeuten." Er tippte eine Nummer in das Telefon und sah sie mit düsteren Augen an.

Obwohl es ihr schwer fiel, zwang sie sich seinem Blick nicht auszuweichen. Wenn sie jetzt die Augen abwandte, wäre das so gut wie ein Geständnis. Sie musste die verwirrte Tochter spielen, die angesichts des plötzlichen Todes ihres Vaters den Vorwurf des Arzt nicht verstand.

"So, ja, also."

Ihr wurde übel. In ihrem Blick schmolzen die Gestalt des Arzt und die Leiche zu einem zerfransendem Fleck. Was war das für ein Klecks auf dem Nachtschrank. Sie rieb sich die Augen

"Nein", flüsterte sie, als sie begriff, dass der Kater sich über die Reste des Frühstücks hermachte. "Nein, Max, nein! Das darfst du nicht fressen!"

Sie packte Max und versuchte die letzten Bissen aus seinem Mund zu klauben. Der Kater fauchte, hieb mit den Krallen nach Karins Händen, weshalb sie ihren Griff löste. Der Kater flüchtete aus dem Zimmer.

"Herr Dr. Kutzner!" Sie wollte dem Kater folgen. "Er muss alles wieder ausspucken."

"Weshalb?" Der Arzt stellte sich ihr in den Weg.

"Er wird sterben, er darf nicht sterben!", kreischte Karin hysterisch. "Bitte, helfen Sie mir, wir müssen ihn finden. Haben Sie nicht ein Abführmittel oder so was?"

"Was ist mit dem Frühstück?" Dr. Kutzner packte Karin bei den Schulter. "Was haben Sie damit gemacht? Haben Sie Gift hineingetan?"

"Ja, ja!", seufzte Karin und sank auf die Knie. "Bitte, Dr. Kutzner, sie müssen Max finden. Er darf nicht sterben, nicht er, das wollte ich nicht."

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