Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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9
Aug
2007

Verbotene Düfte

Inge setzte sich auf einen freien Platz in der Mitte des Busses, schaute auf die Uhr. Ihr Magen knurrte, aber ihre Diät erlaubte jetzt nur einen Becher fettarmen Joghurt, in den sie einen Apfel geschnitten und etwas Zimt darüber gestreut hatte. Sie holte die Tupperdose aus dem Rucksack, nahm den Deckel ab. So lecker wie am Morgen, als sie ihn zubereitet hatte, roch der Inhalt nicht mehr. Während sie lustlos mit einem Löffel umrührte, rempelte jemand sie an, so dass ihr fast der Becher vom Schoß fiel.

"Hallo, können Sie nicht aufpassen?"

Verärgert drehte sie sich nach dem Rüpel um. Drei Teenager schubsten einander durch den Gang und zwängten sich auf die letzte Sitzreihe. Jedes der Mädchen hatte höchstens Kleidergröße 38, genau der Frauentyp, dem ihr Freund seit Jahren nach starrte. Aber bald hätte das ein Ende. Dies Mal würde sie den Weg, der in den Filialen von Ulla Popken begann, bis zum Ende gehen. Wenn sie dann mit so einem einem bauchnabelfreien Top aus einer Umkleidekabine käme, würde Marc seine hämischen Kommentare zu ihrer wer-weiß-wie-vielten Diät schon bereuen.

Als sie einen Löffel mit Joghurt in den Mund schob, kroch ein verführerischer Geruch in ihre Nase, der so stark war, dass er das schwache Aroma der Früchte und des Joghurt überdeckte: Ein gefährlicher Duft, den sie gut kannte und dessen Verursacher nicht auf ihrem Diätplan stand. Sie schloss die Augen. In ihrer Vorstellung formte sich das Bild einer Schokoladentorte mit Haselnüssen. Der Versuchung der Spur des Duftes zu folgen, konnte sie nicht widerstehen. Als sie die Mädchen in der letzten Reihe erblickte, weiteten sich ihre Augen, Millimeter für Millimeter sackte ihre Unterlippe nach unten. Eines der Mädchen reichte eine Großpackung Schokolriegel herum. Während die Freundinnen hinein griffen, die Stücke aus der Schutzfolie wickelten und in den Mund stopften, unterhielten sie sich und lachten über ihre Scherze.

"Seht euch die fette Kuh an!" Eines der Mädchen zeigte auf Inge. "Was glotzte so? Willste auch ein Stück?"

Die drei steckten die Köpfe zusammen und kicherten. Inge erschrak und starrte wieder nach vorn. Wie konnten sie das nur machen?

"Guten Tag! Die Fahrscheine bitte!"

Ein beleibter Mann zeigt ihr seinen Dienstausweis. Inge nickte, reagierte aber nicht. Wie konnten sie nur Schokoriegel essen? Das konnten sie sich bei ihrer Figur gar nicht erlauben.

"Hallo, junge Dame!" Der Kontrolleur klang gereizt. "Das gilt auch für sie!"

Inge zog ihr Portemonnaie aus der Tasche, suchte nach dem Monatsticket.

"Ich versteh das nicht, es steckt immer hier zwischen den Scheinen", Vor ihren Augen drehte sich eine Pyramide aus Schokoriegeln. "Gleich habe ich es bestimmt gefunden."

Der Mann nickte, trommelte mit den Finger auf der Stange, an der er sich fest hielt.

"Lassen Sie's gut sein. Solche Ausreden höre ich jeden Tag. Die zieh'n bei mir nicht" Er klappte einen Block auseinander. "Ihren Personalausweis bitte!"

Inge reichte ihm den Ausweis. Verstohlen blickte sie zu den Mädchen, die noch immer kicherten und die Finger leckten, nachdem sie die Tüte geleert hatten.

"Ich muss Sie bitten auszusteigen", sagte der Kontrolleur, während er ihre Personalien aufnahm.

Der Bus fuhr die nächste Haltestelle an. Inge verstaute die Tupperdose im Rucksack und folgte dem Kontrolleur.

"Das macht ein erhöhtes Beförderungsentgelt von \EUR{40}" Er reichte ihr ein Formular. "Hier müssen sie unterschreiben."

Der Mann gab ihr einen Beleg und verabschiedete sich. Inge hockte sich auf die Bank der Haltestelle. Der Bus fuhr ab. Die Mädchen klopften von innen gegen die Scheibe und streckten ihr die Zungen entgegen. Sie verstand die Welt nicht mehr. Schlanke Mädchen durften keine Schokoriegel essen, vielleicht einen im Monat, aber auf keinen Fall eine ganze Tüte in fünf Minuten. Das hatte Inge in dem Alter zu oft getan. Die Mädchen mussten doch wissen, wie sie in einigen Jahren aussehen würden, so wie sie selbst. Sie war hungrig, ärgerte sich, weil sie ihre Monatskarte verloren hatte, und verspürte keinen Appetit auf den den Fruchtjoghurt, schon der Gedanke an ihn, ekelte sie. Sie musste etwas anständiges Essen. Wenn die Mädchen sich Schokoriegel gestatteten, dann durfte sie ...

Von einer Imbissbude neben der Haltestelle wehte ein würziger Geruch herüber. Sie überlegte einen Moment, dann ging sie hinüber.

"Guten Tag, eine große Portion Fritten mit Mayo, bitte!"

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