Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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26
Okt
2005

grau

Jeden Morgen ab acht Uhr sitzt auf einer der Bänke im Bushof ein ungefähr 50-jähriger Mann, nicht groß, untersetzt, die kleinen Augen gucken unter buschigen Augenbrauen hervor, ein grauer Vollbart wuchert über das Gesicht. Alle paar Wochen hat er einen frischen Haarschnitt, manchmal hat er auch von einem auf den anderen Tag seinen Bart gestutzt. Seine Kleidung ist sauber. Die Jeans hat keine Löcher. Wenn man dicht an ihm vorübergeht, riecht man ihn nicht: Er pflegt sich. Er neigt den Kopf ein wenig nach vorn, die Hände ruhen im Schoss, der Rücken gebeugt, die Schulter hängen herab. Sein Blick folgt den Fahrgästen, die auf ihren Bus zur Arbeit oder zum Einkauf warten. Diejenigen, die jeden Morgen denselben Bus nehmen, kennen ihn, nehmen ihn aber kaum wahr. Er selbst steigt nicht in einen Bushof ein. Er sitzt einfach nur jeden Morgen in der Nähe zum Durchgang zur Peterstraße, manchmal steht er auch neben der Treppe, dann hat er die Hände tief in die Hosentaschen gesteckt und beäugt die Wartenden. In seinen Augen findet man keine Agression oder Verzweiflung. Einmal grüsste ihn ein Busfahrer der zu seinem Wagen eilte. Der Mann lächelte und grüsste zurück.

Seit über einem Jahr beobachte ich diesen Mann, wenn ich morgends auf die 36 warte. Anfangs hielt ich ihn für einen Obdachlosen, was aber nicht sein, dafür ist seine Kleidung zu sauber und er selbst zu gepflegt. Worauf wartet der Mann? Was treibt ihn jeden Morgen in den Bushof? Woher kommt er? Wo schläft? Ich kenne andere Gesichter, die mit mir in denselben Bus steigen, die wie ich zur Arbeit fahren, bei denen frage ich mich nicht, warum sie immer wieder in den Bushof kommen. Auf dem Weg zur Haltestelle frage ich mich manchmal, ob er heute wieder da sein wird. Sobald der Bus losfährt, vergesse ich den Mann, den ganzen Tag denke nicht an ihn, bis zum nächsten Morgen.

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