Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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11
Sep
2006

5 Jahre

Wie vor fünf Jahren mein Tag begann, weiß ich nicht mehr, genauso wenig, an welchem Projekt ich damals arbeitete, was es in der Kantine zu essen gab, worüber ich und meine Kollegen beim Mittagskaffee sprachen oder welches Obst ich für den Nachtmittag mitgenommen hatte. Aber ich weiß noch genau, wie ich damals davon erfahren habe. Irgendwann zwischen 16 und 17 Uhr schaute Boris in mein Büro und fragte ich mich, ob ich es schon wüsste, ein Flugzeug wäre ins World Trade Center geflogen, Spiegel Online wäre total überlastet und der Server zusammengebrochen. Er war bleich, sprach leise, vielleicht sagte auch etwas anderes, vielleicht dass irgendeine Katastrophe in New York passiert sei. Ungefähr ab diesem Zeitpunkt wird meine Erinnerung klarer. Ich versuchte noch Spiegel Online anzusurfen, war aber vergeblich. Dann fuhr ich nach Hause. Im Auto hörte ich den Deutschlandfunk. Ruhige Musik, vielleicht auch Trauermusik, und Berichte, Berichte, Kommentare, Berichte, Berichte. Erst nach ein paar Minuten konnte ich mir zusammen reimen, was passiert war. Zuhause sass Gerd, mein damaliger Mitbewohner, vorm Fernseher, bis 20 Uhr schaute ich die Berichte im Fernsehen. Gerd hatte Besuch vom einem Freund bekommen, sie saßen in der Küche und überlegten, ob sie ins Kino gehen sollten, "Der Schuh des Manitu", platt genug um sich abzulenken.

Es war Dienstag, Go-Spieleabend im Meisenfrei, ich überlegte, ob ich hingehen oder zu Hause bleiben sollte. Aber ich hatte schon so viele Bilder gesehen, dass ich nicht mehr davon sehen wollte. Überhaupt hatte ich mich schon im Zynismus behaglich eingerichtet: Dass die nicht schon früher darauf oder auf etwas ähnliches gekommen waren, hatte ich damals tatsächlich gedacht, und dass das Leben weiter geht, dass mein Mitgefühl für die Amerikaner nicht so gross sei, dass ich in Deutschland weit weg von allem sei. Als ich das meisenfrei betrat, liefen im Fernsehen natürlich noch die Bilder aus New YorK. Ein paar Besucher hockten davor, tranken Bier, fassungslose Gesichter und Kommentare, aber eigentlich ein normaler Kneipenabend.

Ein paar Tage später berichtete Massud, der damals ein Kollege von mir war, dass Bekannte von ihm den Anschlag begrüsst hätten, dass es nach deren Meinung den Amerikanern recht geschehe und dass er sie deshalb am Telefon zusammen geschissen habe, wegen des Unsinns den sie reden würden.

Vieles ist seit dem geschehen. Damals war ich ein anderer. Ich habe meinen Namen geändert, mein Geschlecht. Heute bin ich eine andere. Heute habe ich ein dreistündiges Feature auf WDR 5 über den 11. September gehört. Dabei spülte ich das Geschirr der letzten Tage, bemühte mich möglichst leise zu sein, um nichts von dem Feature zu verpassen. Eigentlich hätte ich eine Freundin anrufen müssen, um ein Treffen zu verschieben, das wir am Nachmittag per SMS verabredet hatten. Ich konnte mich nicht von den Geschichten losreißen. Ich lauschte gebannt, fassungslos, wie vor fünf Jahren.

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