Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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25
Feb
2006

Mein rechter Handschuh

Es heißt ja immer: Die Erde verliert nichts. Mit ein bisschen Überlegung sieht man das auch sofort ein. Wenn man allein daran denkt, wieviel Aufwand wir Menschen betreiben müssen, damit wir in den weiten des Weltraums eine Sonde verlieren. Mit turmhohen Raketen katapultieren wir sie ins All, mit Raketen, deren Schubkraft größer ist als Summe der Kraft aller auf diesem Planeten lebenden Pferde. Und selbst dann ist nicht sicher gestellt, dass wir die Sonde tatsächlich verlieren. Die meisten fielen zurück zur Erde, erhielten sie nicht zusätzlichen Schub von Raketen an Bord oder von den Gravitationskräften der anderen Planeten. Wenn ich das alles bedenke, wundert es mich immer mehr, wie man alltägliche Dinge verlieren kann ohne sie wieder zu finden. Bisher fand ich kaum einen Gegenstand wieder, den ich verlor, obwohl keiner von denen die Erde verlassen hat. Masse ist träge, lautet eines der obersten Prinzipien der theoretischen Physik, woraus folgt, dass sich kein Gegenstand, den man verliert, aus eigenem Antrieb von dem Ort, an dem er verloren ging, entfernt.

Irdendwann in der zweiten oder dritten Januarwoche verlor ich einen Handschuh. Das Paar hatte ich mir vor einem Jahr während der letzten Kälteperiode gekauft. Wenn ich mit dem Fahrrad ins Meisenfrei zum aachener Go-Spieleabend fuhr, froren mir immer die Finger ab und so betrat ich irgendwann einen Laden in der Elisengallerie, um das Paar zu kaufen. Die Verkäuferin pries mir die Handschuh als "Wind Stopper" an. Für die Handschuh blätterte ich ungefähr 50 Euro hin. Ein paar Tage nach dem Kauf wurde es wärmer und die Handschuhe verschwanden im Schrank.

Diesen Winter benutze ich sie oft, hatte aber trotzdem meistens kalte Finger, von wegen "Wind Stopper". Meistens steckte ich sie in die Taschen meines Mantels, wenn ich sie nicht brauchte. Im Januar verlor ich den rechten der beiden Handschuhe, er rutschte wahrscheinlich irgendwann aus einer der Manteltaschen. Ich ärgerte mich darüber, weil die Handschuhe so teuer gewesen waren, und schallt mich Dummkopf, weil ich das Paar so sorglos in die Manteltaschen gesteckt hatte, so musste ich ja irgendwann einen verlieren; selbst Schuld. Den Verlust bemerkte ich erst nach ein paar Tagen, natürlich war es inzwischen zu spät nach zu forschen, wo ich ihn verloren haben könnte. Er war weg. Trotz der Trägheit seiner Masse würde ich ihn nicht wieder finden. Ich musste mich damit abfinden.

Wochenlang lag der linke Handschuh auf meinem Esstisch. Ich konnte mich nicht entschließen ihn wegzuschmeißen. Was sollte ich mit machen? Für den Mülleimer war er zu schade, aber ohne den rechten auch nutzlos. Jedes Mal, wenn ich ihn unter Zeitungen fand, nahm ich ihn ratlos in die Hand und legte ihn jedes Mal auf den Tisch zurück. Hoffte ich vielleicht unbewusst den rechten wiederzufinden?

Heute nach über sechs Wochen habe ich den rechten Handschuh wiedergefunden. Als ich kurz nach Mittag die Wohnung verlies, um zum WOF zu fahren, lag der rechte Handschuh plötzlich auf den Briefkästen. Ich konnte es kaum glauben. Es war wie ein Mysterium. Ein Gegenstand, den ich für immer verloren glaubte, war wieder aufgetaucht, von allein, ohne dass ich irgendetwas unternommen hatte. Gewiss war auch dieser Handschuh aufgrund seiner Masse träge gewesen und hatte sich nie weit von meiner Wohnung entfernt. Vielleicht hatte ihn ein Hausbewohner gefunden, eingesteckt und einige Wochen mit sich herumgetragen, bevor er ihm überdrüssig wurde und entnervt auf die Briefkästen legte. Aber ich bin sicher den Handschuh nicht im Hausflur sondern draußen auf der Straßen verloren zu haben. Wieviele Zufälle waren nötig, damit der Handschuh auf den Briefkästen landete? Waren es keine Zufälle? Wollte der Handschuh zu mir zurück? Lag es am linken Handschuh, der bis dahin nutzlos auf meinem Küchentisch gelegen hatte, dass ich den rechten wiederfand?

Die Erde verliert nichts, manchmal sorgt sie auf eine gutmütige Art sogar dafür, dass verloren geglaubte Dinge wieder auftauchen.

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