Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

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29
Aug
2006

Schrei!

Norbert fuhr in seinem Bett auf. In seinem Zimmer war es dunkel, durch das geöffnete Fenster blies die Nacht herein. Obwohl er nackt auf dem Bett lag, lief ihm Schweiß die Stirn herunter. Er hatte einen Schrei gehört, einen langsam anschwellenden Ton. Aber jetzt, da bis auf Grillen, die im Garten zirpten, Stille um ihn herschte, war er nicht sicher, ob er den Schrei wirklich gehört oder nur geträumte hatte. Konnte man von einem geträumten Schrei aufwachen? Der Radiowecker auf seinem Nachtschrank zeigte 23:45 Uhr an. Er hatte höchstens eine Stunde geschlafen. Er wischte sich Schweiß von der Stirn.
"Uuuuaah!"
Der Schrei klang zuerst wie eine leise muhende Kuh, wurde lauter, dehnte sich wie Luft, die aus einem Ballon entwich, er kam aus der Nachbarwohnung. Norbert sprang aus dem Bett, zog den Bademantel über und lauschte an der Wohnungstür. Als er durch den Türspion spähte, brannte ihm Treppenhaus kein Licht. Erst vor einer Woche war eine junge Frau nebenan eingezogen, der er seitdem nur einmal vor der Haustür kurz begegnet war, er konnte sich kaum an ihr Aussehen erinnern. Sie schien aber jünger als er zu sein.
"Ooooooeeeeeeh!"
Diesmal rumorte die Stimme erst wie eine Oboe und wechselte in einen langgezogenen Geigenton, trotzdem war es ohne Zweifel eine Frauenstimme, die von der gegenüberliegenden Wohnung scholl. Norbert öffnete die Wohnungstür und trat hinaus. Seltsam, dass keiner der anderen Mieter irritiert war.
"Aaaah! Aaaah! Aaaah!"
Kurze Schreie, unmittelbar hintereinander, eher brüllendes Stöhnen. Waren das Schmerzensschrei? Hatte die Frau einen Unfall gehabt? War sie krank?
"Jiiiiiiiiiiiiii ..."
"Hallo!" Norbert polterte mir den Fäusten gegen die Tür, der Schrei brach ab.
"Ist ihnen was passiert? Brauchen sie Hilfe?", schrie er.
Die Wohnungstür öffnet sich. Eine zierliche Frau, nur bekleidet mit meinem dünnen Nachthemd, fiel ihm um den Hals und küsste in auf den Mund.
"Was tun sie? Was soll das?", er stieß die Frau von sich fort. "Erst schreien sie, dass man sonstwas denkt, jetzt knutschen sie mich ab."
"Entschuldigen sie, ich hab total vergessen, dass noch andere im Haus wohnen" Die Augen, das Gesicht, der Körper der Frau strahlten wie ein riesiges Feld blühender Sonnenblumen. "Ich musste es einfach hinaus schreien"
"Was?", stammelte Norbert.
"Ich bin so glücklich!", rief sie atemlos. "Ich bin fertig! Verstehen sie? Fertig! Fertig! Fertig!"
"Fertig? Womit?"
"Kommen sie!", die Frau nahm seine Hände. "Schreien sie mit mir! Ich lad sie ein! Lassen sie es raus!"
"Ich?" Er riss sich von ihr los und ging ein paar Schritte zurück. "Was soll ich raus lassen?"
"Was weiß ich?" Sie packte ihn an den Schultern. "Es halt! Ihre Angst, ihr Glück, ihre Zweifel, ihre Träume!"
Sie stellte sich mitten ins Treppenhaus.
"Kommen sie, wir schreien zusammen!"
Sie beugte sich nach vorn, presste die Hände gegen Stirn und begann: "Jiiiiiiiiiipppppppiiiiiiiii!"

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