Liebe Leserin, lieber Leser

ich grabe in meinem Bergwerk nach Texten und finde: Nuggets, Kristalle, Edelsteine und viel zu oft Katzengold. An den Fundstücken klebt Schlamm. Sie müssen gewaschen und poliert werden. Das alles mache ich hier nicht.

Hinweise

Wenn Sie meinen Weblog zum ersten Mal besuchen, bitte ich Sie, auch die Texte unter Hinweise zu lesen.

Vielen Dank für Ihren Besuch

Aktuelle Beiträge

Das Streben nach Angst
Seit Jahren gibt es eine Weisheit unter Werbestrategen:...
sarah.tegtmeier - 5. Apr, 22:47
Sinkflug
Er verlässt seinen Platz, seinen Arbeitsplatz, ohne...
sarah.tegtmeier - 7. Mai, 22:24
Liebe Sarah, manche Passagen...
Liebe Sarah, manche Passagen aus deinem Text fühlen...
Wally (Gast) - 9. Mär, 13:12
Ohne Zweifel von außen,
auch ohne Selbstzweifel wird man nicht besser, oder? Vielleicht...
HARFIM - 2. Mär, 00:10
Schreibheimat
Gestern kam die neue Ausgabe der TextArt. Auch wenn...
sarah.tegtmeier - 1. Mär, 22:25

Links

19
Mrz
2006

Wetterprophet

Er schaute aus dem Fenster, während das Unwetter dicke Tropen gegen das Fenster klatschte. Auf dem Bildschirm seines Computers las er die aktuellten Messdaten der Wettersateliten: Ein Tiefdruckgebiet nach dem andern. Seit Wochen kündigten die Muster der Isobaren immer wieder aufs Neue dieselbe Nachricht an: Regenschauer, Gewitter, Unwetter. Wann würde das eindlich ein Ende haben? Aus den Daten ergabe sich Wettervorhersage für die nächsten Tage ganz eindeutig: Von Westen her näherte sich ein Tiefausläufer in derem Verlauf in Osthälfte der Republik mit ausgiebigen Niederschlägen zu rechnen sei. Mit etwas Glück bliebe die Westhälfte davon verschont, was nichts nützte die Pegel der Flüsse war aufgrund der andauernden Niederschläge schon so hoch, dass egal wo es als nächstes regnen würde, unweigerlich zu einer Flutkatastrophe käme.

"Na, wie sieht's?", Judith steckte den Kopf durch die Tür in sein Büro herein und reichte ihm einen Becher schwarzen Tee mit einem ordeentlichen Schuss Rum.

Er schüttelte den Kopf.

"Hey, so geht das nicht weiter!" Die Praktikantin vom Sender trug ihre rooten Haaren immer zu eienm dicken Zopf geflochten, jetzt zog sie das Gummi aus ihren Haaren und zog ein paar Haarnadeln aus den Strähnen.

"Das wollen die Leute nicht hören!" Sie schüttelte sich die Haare, die wie ein glühender Holzscheit auf ihrem Rücken lagen. Er liebte diese Sekunden, bevor sie ihre Haare wieder zusammen nahm, um einen neuen Zopf zu flechten, wenn einzelne ihrer Strähne, wie Funken um ihren Kopf sprühten. Er nickte, ohne etwas antworten. Was sollte er denn machen, die Zahlen, die die Messstationen lieferten, ließen keine andere Prognose zu.

Judith stellte den Becher neben seine Tastatur, er zuckte mit den Achseln, was sollte er machen, er konnte es doch auch nicht ändern.

"Das geht nicht so weiter! Das kannst du den Leuten nicht antun, nicht schon wieder Regen." Sie breitete ihre Handflächen vor ihm aus. Für einen Moment war er versucht in ihren Linien zu lesen, aber was hätte das geändert, das hätte die Zahlen auf dem Bildschirm auch nicht verändert.

"Wir müssen den Leuten etwas anbieten, sie brauchen Hoffnung. Wer sonst als du sollte sie ihnen geben. Du bist doch hier der Wetterprophet!"

Damit verließ sie sein Büro und stieß die Tür hinter sich zu.

Er blickte wieder auf den Bildschirm. Hinter den Zahlenkolonnen und Satelitenbildler sah schwach sein Spiegelbild. Ihm fiel auf, dass er sich seit Tagen nicht rasiert hatte, die Falte zwischen den Augenbrauen schien tiefer geworden zu sein. Er sah müde aus.

"Du bist doch hier der Wetterprophet", echote Judiths Stimme in seinem Kopf nach. In einem gewissen Sinn hatte sie Recht, aufgrund von physikalischen Gesetzen leitete er aus den Daten und Bilder das Wetter für die nächsten Tagen ab, natürlich war das nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die er machte. Das behielt er aber immer für sich. Wer würde ihn verstehen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 54.8% im Osten mit heftigen Niederschlägen zu rechnen sei?

"Du bist doch hier der Wetterprophet!"

Sollte es so einfach sein. Nur mal eben das Modell, das er bisher aus Ausgangspunkt für seine Vorhersagen benutzte gegen ein anderes, weniger etabliertes austauschen, gegen ein neues, das er sich gerade ausdachte, nur um schönes Wetter vorhersagen zu können?

Er schloss den Bericht, den er vor zehn Minuten begonnen hatte, ohne ihn abzuspeichern und öffnete ein neues Dokument. Schönes Wetter also! Schaden konnte es nichts.

"Dem Tiefausläufer folgt eine Warmfront", begann er, für den Anfang nicht schlecht. "die dazu führt, das die Niederschläge ab Mittag im gesamten Bundesgebit abklingen... "

Schönes Wetter, Sonnenschein, vielleicht half das...

Aphorismen
Augen Auf!
Beobachtungen
Computer
Der Turm von Gwallor
Filme
Fingerübungen
Gedanken
Geschichten
Gesellschaft
Hinweise
Kunst
Literatur
Morgenseiten
Musik
NaNoWriMo
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren